Der Zeitpunkt, zu dem Provisionsansprüche von Versicherungsvertretern zu aktivieren sind, bestimmt sich nach der Vertragsgestaltung im jeweiligen Einzelfall. Diese kann an das in § 92 Abs. 4 HGB geregelte gesetzliche Leitbild anknüpfen, muss dies aber nicht (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 92 Abs. 4 HGB hat der Versicherungsvertreter Anspruch auf Provision (§ 87a Abs. 1 HGB), sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet.
Sachverhalt: Streitig ist, zu welchem Zeitpunkt Provisionsforderungen aus einer Tätigkeit als Versicherungsvermittler unter Beachtung des § 92 Abs. 4 HGB zu aktivieren sind:
Der Kläger arbeitet als Versicherungsvermittler für das Unternehmen U als Handelsvertreter i.S. der §§ 92, 84 ff. HGB. Seinen Gewinn ermittelt er durch Betriebsvermögensvergleich. Für die Vermittlung von Versicherungsverträgen erhält er Provisionen i.S. des § 92 HGB von der U. Bei Verträgen, bei denen Stornohaftungszeiten zu beachten sind, entsteht der Provisionsanspruch erst, wenn der geworbene Kunde die nach den Provisionsbedingungen vorgesehene Anzahl an Beiträgen entrichtet hat (Nr. IV Abs. 11 des „Vermögensberater-Vertrags“ i.V.m. Anlage A Nr. II; entspricht § 92 Abs. 4 HGB). Dennoch leistet U für die Vermittlung solcher Verträge auch vor dem rechtlichen Entstehen des Provisionsanspruchs auf freiwilliger Basis und im Wege der Vorfinanzierung Zahlungen an seine Vermittler, die laufzeitanteilig zurückzugewähren sind, wenn der vermittelte Vertrag vor Ablauf der Stornohaftungszeit aufgelöst wird. Zur Sicherung der vorfinanzierten Beträge nimmt U einen als „Rückstellung“ bezeichneten Einbehalt vor, dessen Höhe sich – in Abhängigkeit vom erzielten Umsatz – auf 10 bis 20 % der vorfinanzierten Beträge beläuft (Nr. IV Abs. 12 des Vertrags). Gutschriften, Belastungen und Zahlungen werden in einem von U für den jeweiligen Vermittler geführten Kontokorrentkonto erfasst. Über Provisionen und deren Stornierungen soll nach dem Vertrag monatlich abgerechnet werden, über die „Rückstellungen“ vierteljährlich (vgl. Nr. IV Abs. 12, 13 des Vermögensberater-Vertrags).
In den Jahresabrechnungen über die „Rückstellungen“ werden zum einen die sog. „erforderlichen Rückstellungen“ ausgewiesen. Hierbei handelt es sich um die nach Nr. IV Abs. 12 des Vermögensberater-Vertrags einzubehaltenden Beträge, die sich rechnerisch nach Maßgabe der vorfinanzierten Provisionen und des vertraglichen Rückstellungs-Prozentsatzes ergeben (vom FG der ersten Instanz als „Soll-Rückstellung“ bezeichnet). Zum anderen wird in den Jahresabrechnungen der Ist-Stand der „Rückstellung“ angegeben (Bezeichnung des FG: „Ist-Rückstellung“). Dieser Ist-Stand wird nicht direkt erläutert. Allerdings wird eine „Überdeckung“ (die „Ist-Rückstellung“ übersteigt die „Soll-Rückstellung“) auf das laufende Kontokorrentkonto umgebucht und steht dem Vermittler dort zur Verfügung. Im Fall einer „Unterdeckung“ (die „Soll-Rückstellung“ übersteigt die „Ist-Rückstellung“) können aus dem Provisionsrückstellungskonto keine Auszahlungen erfolgen, bis wieder eine Überdeckung vorliegt. Das Abrechnungs-Musterformular enthält einen Hinweis darauf, dass die „Ist-Rückstellung“ in der Bilanz des Vermögensberaters zum jeweiligen 31.12. des Jahres zu aktivieren sei.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die auf dem Provisionsrückstellungskonto ausgewiesenen Beträge zu aktivieren seien; maßgebend hierfür sei die Soll-Rückstellung. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Forderungen gegen U nur mit dem Ist-Stand des Provisionsrückstellungskontos angesetzt werden dürften, da nur in dieser Höhe eine Forderung bestanden habe. Der höhere Soll-Betrag sei nicht maßgebend. Die Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (, 3 K 29/20; s. hierzu Rätke, BBK 13/2023 S. 575).
Die Richter des Bundesfinanzhofs hoben das Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:
Quelle:
Büro:
Kontakt:
Bürozeiten: